Ob als Maibowle, Brausepulver, Wackelpudding, Erfrischungsgetränk, Gummibärchen oder Bonbons, jeder von uns kennt den markanten Waldmeistergeschmack. Auch wenn der fast schon penetrante Geschmack der industriell hergestellten Produkte nicht mit dem fein würzig süßlichen Aroma des wild wachsenden Waldmeisters mithalten kann, so weckt er doch in vielen von uns Kindheits- oder Jugenderinnerungen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie beim traditionellen Ausflug am 1. Mai Waldmeister gesammelt haben. Für uns Kinder wurde dieser dann in Apfelsaft, für die Erwachsenen in Weißwein und Sekt angesetzt. Oder wie auf Partys in meiner Jugend Waldmeister in irgendeiner Form nicht fehlen durfte. Dass Du den Waldmeistergeschmack in Speisen und Getränken erkennst ist unumstritten, aber hast Du ihn einmal in seiner natürlichen Form als Pflanze probiert? Erkennst Du das Waldmeisterpflänzchen auch, wenn es Dir im Wald oder an schattigen Standorten begegnet?
Der Waldmeister hat einen aufrechten, unverzweigten vierkantigen Stängel. Dieser ist glatt und unbehaart und hat übereinander angeordnet mehrere Knoten. Aus diesen entspringen jeweils 6-9 Blätter, die in einem Quirl angeordnet sind. D.h. die Blätter sind auf gleicher Höhe rund um den Stängel angeordnet und haben alle den gleichen seitlichen Abstand/Winkel. Entsprechend beträgt der Winkel bei einem Quirl mit 6 Blättern je 60° und bei einem mit 9 Blättern 40°. Die schmalen grasgrünen Blätter sind 2-4 cm lang und elliptisch. Oberhalb des letzten Quirls entspringen drei Stängel, die sich jeweils nochmal verzweigen. Auf diesen sitzen die 4-7 mm kleinen weißen vierblättrigen Blüten des Waldmeisters. Die Blütezeit ist zwischen April bis Juni. Die Blüten duften und schmecken nach dem typischen Waldmeisteraroma.
Woher kommt dieser charakteristische Geruch und Geschmack? Das Aroma kommt von dem sekundären Pflanzeninhaltsstoff Cumarin (oder auch Kumarin). Den Waldmeister sammelt man meist, wenn er noch nicht blüht. Damit das Pflänzchen sein namengebendes Aroma entwickelt, welches zum Aromatisieren von Getränken und (Süß-)Speisen verwendet wird, lässt man es ein bis zwei Tage anwelken.
Achtung: Zu hohe Dosen an Cumarin sind leberschädigend und können zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und Benommenheit führen. Daher wird für die Maibowle höchstens 3g Kraut je Liter Bowle empfohlen. Cumarin ist z.B. auch in großen Mengen in der Tonkabohne enthalten, die, wenn man daran riecht, ebenfalls nach Waldmeister riecht oder im Cassia-Zimt.
In der Volksmedizin werden dem Waldmeister zahlreiche heilende Kräfte zugesprochen. So soll er bei Krämpfen und Koliken krampflösend sein, die Leber stärken sowie schlaffördernd und stimmungsaufhellend wirken. Wer so viele gute Eigenschaften besitzt ist auch vom Aberglauben nicht gefeit. Eine aus Waldmeister, Johanniskraut und Polei-Minze hergestellte Mischung soll angeblich Hexen vertreiben.